Dissertationsprojekt von Barbara I. Berli

Erstmalige genetische und genomische Charakterisierung des im Hochrhein eingesetzten Atlantischen Lachses (Salmo salar)


Bis Anfang des letzten Jahrhunderts galt der Rhein als einer der lachsreichsten Flüsse Mitteleuropas. Durch die Industrialisierung, einhergehend mit dem Bau von Kraftwerken entlang des Flusses, verschlechterte sich die Wasserqualität und die Fragmentierung nahm zu. Der Atlantische Lachs (Salmo salar) konnte somit nicht mehr migrieren, was zum Unterbruch seines Lebenszyklus und Mitte des letzten Jahrhunderts zu seinem Aussterben im Hochrhein führte. Lachse schlüpfen im Süsswasser, wo sie sich mindestens ein Jahr lang aufhalten und heranwachsen. Ab einer Grösse von 7–10 cm beginnt sich ihr Metabolismus an das zukünftige Leben im Salzwasser anzupassen (Smoltifizierung) und der Migrationstrieb setzt sich durch. Im Atlantik angekommen, wandern sie während 2–4 Jahren durch das Meer, bevor sie sich als adulte Tiere zur Reproduktion auf den Rückweg in ihre Geburtsgewässer begeben.

Ambitionen, den Atlantischen Lachs im Hochrhein wieder anzusiedeln, gibt es in Basel seit Mitte der 1980er Jahre. Trotz grosser Anstrengungen und jährlichen Fisch-Besatzes (Einsetzen von Fischen in ein Gewässer) wurde das Ziel einer selbsterhaltenden, natürlichen Lachs-Population bisher jedoch nicht erreicht. Die Besatzfische stammen von Lachszuchten in der Oberrheinregion; die meisten von Elterntieren, welche niegewandert sind.

Hauptziel meines Projektes ist es, das Genom der Zuchtgruppen der im Ober- und Hochrhein besetzten Lachse wie auch das der Rückkehrer der Jahre 2015–2017 erstmalig zu entschlüsseln. Der Vergleich der Zuchtgruppen untereinander wie auch der Rückkehrer soll Informationen über ihre genomische Zugehörigkeit liefern. Weiter möchte ich wissen, woher die Rückkehrer stammen und wie bei ihnen der migrationskodierende Genkomplex aufgebaut ist. Um auch genetische Informationen von Lachsen, die einst bis nach Basel zurückgekehrt sind, einbinden zu können, habe ich das Naturhistorische Museum Basel kontaktiert und aus ihrer Sammlung Gewebeproben erhalten, von welchen die Älteste von einem männlichen Lachs stammt, der 1878 bei Basel gefangen wurde.

Für die DNA-Extraktion der «Museums-Lachse» mussten wir ein Laborprotokoll entwickeln, da sie lange Zeit in Formalin aufbewahrt worden waren. Formalin konserviert Gewebe, bricht jedoch die Grundstruktur der DNA auf. Für die Entschlüsselung der Genome entschied ich mich für die in der Populations- und Phylogenomik weitverbreitete Methode des RAD-Sequencings (Restriction site Associated DNA Sequencing). Dabei wird das Genom durch Restriktions-Enzyme unterteilt und die entstandenen Fragmente werden mit kurzen, eindeutigen DNA-Sequenzen (Barcodes) versehen. Nach der Sequenzierung werden Fragmente mit Hilfe der Bioinformatik gesäubert, anhand der Barcodes den Individuen zugeordnet und am Referenzgenom ausgerichtet. Abschliessend werden mit populationsgenomischen Softwares die Profile der Individuen visualisiert und interpretiert. Mein Projekt hat zum Ziel, die Wiederansiedelungsbemühungen und die Züchter zu unterstützen, indem es eine zeitgemässe, wissenschaftliche Datenbasis liefert, um genomische Fragen zu denZuchtgruppen und den Rückkehrern zu beantworten. Es ist in den Disziplinen der Naturschutzbiologie, der Populationsgenomik und der Fischwirtschaft angesiedelt. Da es aus Drittmitteln finanziert ist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft Basel, der Christoph Merian-Stiftung und dem Zoo Basel für ihre finanzielle Unterstützung herzlich zu danken.

Barbara Berli